Bei Vorstellrunden drücke ich mir selbst die Daumen nicht als Erste erzählen zu müssen, höre den Anderen aber immer gerne zu. Besuche ich Webseiten, führt mich einer der ersten Klicks gerne mal zur „Über mich“-Seite.
Nun geht es dir vielleicht genau so wie mir. Grund genug aus der Komfortzone auszubrechen und dir meine Geschichte zu erzählen. Vielleicht sind wir ja auch gar nicht so verschieden.
Der Umgang mit Tieren fällt mir oft leichter als der mit Menschen. Ich hatte das große Glück mit Hunden, Katzen und Pferden aufwachsen zu dürfen und lernte dadurch schon früh Verantwortung für andere Lebewesen zu übernehmen.
Durch die Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“ wurde mir erstmalig klar, dass es viele heimatlose und ältere Tiere da draußen gibt, die das Recht auf ein gutes Zuhause haben. Zeitgleich fand das Internet Einzug bei uns und ich musste schmerzhaft begreifen, dass es „da draußen“ noch weitaus schlimmere Dinge gab, die der Mensch den Hunden, Katzen und Pferden antat, als sie in ein Tierheim zu geben.
Ich weiß gar nicht mehr genau wie und wann es dazu kam, aber ich muss ungefähr 15/16 Jahre alt gewesen sein, als ich zum ersten Mal aufhörte Fleisch zu essen. Es fühlte sich nicht mehr richtig an zwischen den Arten zu unterscheiden und die Hunde zu streicheln, die Schweine aber ganz selbstverständlich zu essen.
Leider blieb es bei einem Versuch der etwa zwei Monate anhielt… ich war ständig müde, aschfahl im Gesicht und bekam seltsamen Hautausschlag. Das mag wohl daran gelegen haben, dass ich mich ausschließlich von trockenem Brot und Salat ernährt habe. Mama sei dank musste ich nämlich nie etwas im Haushalt machen - mich also auch nie selbst um mein Essen kümmern.
Gut, Abbruch! Noch etwa zwei Tage mit einem weinenden Auge drüber nachgedacht und dann schnell vergessen.
Mit 19 lernte ich dann Marco kennen, zog relativ schnell aus und griff den Gedanken erneut auf. Die Umsetzung folgte in der Berufsschule. Beim Adventsfrühstück mit der Klasse, unvorbereitet und spontan. Ich hab an dem Morgen keine Wurst gegessen, am Nachmittag nicht und seitdem nie wieder. Das war 2011.
Es lohnt sich an dieser Stelle vielleicht zu erwähnen, dass ich eher zu den „spontan Radikalen“ gehöre. Ich brauch einen Gedanken, der mir so logisch erscheint, dass es anders keinen Sinn mehr macht. Oder es bedarf einer Wette hinter der ich stehe - so habe ich von heute auf morgen das Rauchen aufgegeben.
Im Oktober 2014 kam es bei uns Zuhause zu einer kleinen Diskussion. Während ich mir bis heute keine Videos von Tierleid ansehen kann, wuchs bei Marco mehr und mehr die Wut auf unser „ach so tolles und gesundes System der Fleischindustrie“. Und irgendwann, es mag vielleicht ein Nebensatz wie dieser gewesen sein, sagte er: „Wenn du wegen der Tiere kein Fleisch mehr isst, musst du eigentlich vegan leben“.
Ja. Recht hast du! Seitdem ernähre ich mich und lebe (nach bestem Wissen und Gewissen) vegan.
Es dauerte eine ganze Weile bis ich mich mehr mit diesem Thema beschäftigte und die vielen gesundheitlichen Vorteile feststellen konnte. Auch wenn hier wieder Marco der ausschlaggebende Punkt war, so war der gesundheitliche Aspekt irgendwann nicht mehr von der Hand zu weisen.
Beim Sport (Kraft- und Ausdauersport, zwischenzeitlich 4-5 mal in der Woche) konnte ich locker mit den Männern mithalten, war seitdem so gut wie nie krank und fühlte mich einfach wohler als je zuvor.
Ich kann bis heute nicht verstehen, wie viele Menschen um mich herum aus Unwissenheit oder auch aus Ignoranz ihrem Körper schaden und sich ganz selbstverständlich damit abfinden.
Diskussionen gehe ich ehrlich gesagt schnell aus dem Weg, denn ich wollte mir nie vorwerfen lassen zu den „Missionaren“ zu gehören. Und außerdem: was will man auf Argumente wie „Leben und leben lassen“ noch großartig sagen?
Mit Marcos Idee vegan.expert ins Leben zu rufen, habe ich für mich dann doch noch eine Möglichkeit gefunden dem Thema Gehör zu verschaffen, ohne dabei in diese Ecke geschoben zu werden. Es macht mir Freude zu sehen, dass die Menschen in vielerlei Hinsicht umdenken.
In einem Punkt gebe ich dem Argument „Leben und leben lassen“ ja auch recht: Man kann niemanden zwingen etwas zu ändern, aber jenen helfen, fundierte Informationen zu bekommen, um sich, der Umwelt und den Tieren doch noch etwas Gutes zu tun.
Für manche ist das Thema Veganismus einfach nicht greifbar genug, kompliziert und teuer - auf den ersten Blick.
Ich hoffe einfach, dass es einigen da draußen so geht wie mir. Dass dem ein oder anderen nur noch ein kleiner Schubs fehlt, um zu sehen, dass es auch anders geht.